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Atmen, delegieren, Haltung zeigen: was ich tue – und was nicht – wenn meine Kinder krank sind. 

Es ist ein Donnerstagmorgen, irgendwann Ende Januar, 6:58 Uhr. Minus 2 Grad. Mein Terminkalender ist voll. Drei Abgaben heute. Ein Interviewtermin. Ein Zoom-Call. Und der ehrenamtliche Besuch im Hospiz steht eigentlich auch noch auf dem Plan. Erstes To do für heute: Ein Blogbeitrag für die GründerMütter mit dem Arbeitstitel „Kind krank – was tun?“. Alles perfekt geplant. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Ich rock das Ding heute! Bis jemand aus dem Kinderzimmer ruft…

„Mama, ich habe Kopfschmerzen, ich kann heute nicht in die Schule!“, tönt mein Sohn aus seinem Zimmer. Erste Pulssteigerung. Fuck – aber ich hab doch Termine! Ich empfehle ein großes Glas Wasser und schicke ihn unter die Dusche. Wasser hilft mir immer bei Kopfschmerzen, denke ich, während ich meine Tochter zum anziehen der Socken bewege. 7:10 Uhr und das Bad hat sich in eine Mischung aus Dschungel und Regenwald verwandelt. Der Wasserdampf tropft seelenruhig vom Dachfenster, die Dampfwolken legen sich auf den Spiegel, mein Sohn kauert irgendwo im dichten Nebel auf dem Duschboden. 

„Schatz, schau mich mal an“, sage ich. Diese Konversation führen wir immer, wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob das Krankheitssymptom nicht vielleicht doch nur ein Zeichen von extremer Schulunlust ist. Guckt er mich dann an und ich sehe ein klitzekleines verschmitztes Lächeln, ist die Sache klar. Heute: kein Lachen, kein Lächeln und ganz und gar nichts Verschmitztes. „Mama, ich habe wirklich richtig schlimme Kopfschmerzen!“, sagt mein Sohn energisch. „Okay, ab ins Bett mit dir“, höre ich mich sagen, während in meinem Kopf die To-dos des Tages lachend vorbei ziehen. Adieu Ruhe. Adios Klarheit. Ciao Häkchen an der To-do-Liste dieses winterlichen Januartages. 

Meine Erstversorgung im Stress-Notfall: ATMEN

Ich verlasse das Bad und merke, dass Unruhe und Ärger in mir aufsteigen. Mein Puls steigt. Mein Magen zieht sich zusammen. Also bleibe ich kurz stehen und atme. Ich atme. Mehr nicht. 4 Sekunden ein, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden aus. Schon vor Monaten, als es mir mental alles andere als gut ging, habe ich gelernt: Dadurch beruhigt sich sofort das vegetative Nervensystem und meldet dem Gehirn: alles okay, Frau entspannt – du kannst dich also auch beruhigen. 

Klingt viel zu gewöhnlich, um zu helfen? Das täuscht! Atemübungen haben sich bei mir tatsächlich als fester Bestandteil jeder Stressbewältigung etabliert.

Ich bin zu spät und ärgere mich? Erstmal atmen! 

Ich finde meinen Schlüssel nicht und bekomme Puls? Erstmal atmen! 

Meine Tochter steigert sich in einen für mich grade nicht erklärbaren Wutausbruch hinein und der kommt wirklich wirklich ungelegen? Erstmal atmen! 

Nichts hat mir von all den erlernten Stressbewältigungs-Mechanismen besser und langfristiger geholfen als das Atmen. Und was anderes – aber das erzähle ich später…Wichtig dabei: übe das Atmen! Mach diese Atemübungen jeden Tag, immer wieder (auch dann, wenn alles entspannt ist!) und der Effekt wird sich in akuten Stresssituationen verdoppeln und verdreifachen.

Aber gut, face the truth: mein krankes Kind ist auch nach meiner Atemübung immer noch krank und die To-do-Liste immer noch voll.

Was mich trägt: Haltung gegenüber meinem Kind. 

Nachdem meine Tochter sicher in die Schule gebracht ist, mache ich Erstversorgung beim Kind. Fieber messen, Eimer für den Notfall hinstellen, trösten, kuscheln und vor allem: nicht hetzen! Die paar Minuten haben wir und sie sind heilsam. Das Allerwichtigste: die Haltung, die ich ausstrahle. Mein Kind „stört“ mich heute nicht und es ist unabdingbar für mich, dass es das auch spürt!

… und dann: radikal sein!

8:25 Uhr: Ich verlasse das Kinderzimmer und setze zum Gegenschlag an. Wichtigster Punkt: radikal aussortieren!

1. Radikal aussortieren.

  • Was MUSS heute von mir erledigt werden?
  • Was kann ich einfach delegieren?
  • Was hat Zeit bis morgen oder nächste Woche?

Ich maile, schreibe und telefoniere und gebe kurz Bescheid, dass sich Abgabetermine verschieben. Ohne Ausreden. Ohne schlechtes Gewissen. Denn, Ladies und Gentlemen: wir haben es hier mit dem echten Leben zu tun. Und mit dem wertvollsten, was wir haben: unseren Kindern. Ich entschuldige mich nicht, sondern bedanke mich stattdessen für die Geduld. Eine Haltung, die ich mir erarbeiten musste. Aber sie wirkt – auch auf mich selbst. 

2. Radikal umstellen.

Nachdem sich das To-do-Chaos etwas gelichtet hat, stelle ich mein Telefon auf meinen Telefondienst um. Vielleicht die lohnenswerteste Investition der letzten Jahre, weil: kostengünstig, professionell, flexibel und für einen Fall wie jetzt genial, weil mich das Telefon nicht bei der Erledigung wichtigerer To-dos stören kann. Die Rückrufe erledige ich dann an einem Stück und spare Zeit. 

3. Radikal Zeitkonserven öffnen

Nächster Step: ich schaue mir die privaten To-dos und Optionen an. Mist, heute ist Kinderturnen. Kann meine Freundin meine Tochter mitnehmen? Das spart mir Zeit, die ich zum Arbeiten nutzen kann. Check! Die Betreuungszeit meiner Tochter verlängere ich fix um eine halbe Stunde und gebe in der Schule Bescheid. Außerdem erfrage ich bei meiner Freundin ein Spieldate direkt nach dem Turnen an. Das klappt. Zwei Stunden Zeit gewonnen!

4. Weg mit dem schlechten Gewissen!

Klar, mein Sohn ist nicht mehr so klein, dass er ständige Betreuung braucht. Wäre das der Fall, hätte ich definitiv Papa, Opa und Wunschoma eingespannt, um zu klären, wer vorbeikommen und ihn zeitweise umsorgen kann. Mein Mann übernimmt die Verantwortung genauso wie ich, wenn ein Kind krank ist und das ist gut so und wichtig für uns als Paar, als Familie und als Team. (Hier wurde aus einer Sicht geschrieben, wenn ich den Hut auf habe und an dem Tag für die „Kinderbetreuung zuständig“ bin. #gleichberechtigungleben)

Geht das aus irgendeinem Grund nicht, sind Ipad, Fernseher und Handy meine besten Freunde und ich habe wirklich absolut Null schlechtes Gewissen deswegen. Krank sein ist ein Ausnahmezustand. Einer, bei dem man es sich gerne auch mal leicht machen darf. Weg mit Regeln, weg mit schlechtem Gewissen. Her mit der Fernbedienung. 

9:30 Uhr: mein Sohn ist nach einem kurzen Dämmerschlaf erwacht und erbricht sich. Könnte sein, dass es anstrengender wird als gedacht. Der arme kleine Kerl. Ich freue mich über meine Eimer-Idee von vor einer Stunde und wische ihm mit einem warmen Waschlappen das noch wärmere Gesicht ab. Erbrechen bedeutet: morgen wird er auch zuhause bleiben. Also hänge ich die Tagesplanung für morgen direkt hinten dran. Was geplant ist, ist geplant – bis es wieder umgeschmissen wird.

Kind krank? Was ich definitiv nicht mehr mache!

Was ich nicht machen werde: abends und nachts arbeiten. Wie viele Nächte habe ich mir um die Ohren geschlagen, als die Kinder noch klein waren und ich die To-do-Reste anstrengender Krankheitstage abarbeiten wollte. Ich weiß es nicht. Es waren viele. Unzählige. Unzählige Tage, die mir nicht gut getan haben. Denn jedes lange Arbeiten, jeder Rhythmuswechsel, jeder Morgen ohne richtigen Schlaf forderte seinen Tribut. Und es hing mir nach – lange. Meistens auch noch dann, wenn die Kids schon längst wieder gesund waren. War es das wert? Also: don´t do it – außer es geht um Leben und Tod. Doch wann tut es das schon?

Meine Erfahrung hat mir gezeigt: es gibt bei unvorhergesehenen Stresssituationen, in denen wir Kind und Beruf jonglieren müssen, nichts wichtigeres, als unsere Haltung. Unsere Haltung zum Kind („Es ist absolut okay, dass du jetzt bei mir bist und dich auskurierst!), zu Kundinnen und Kunden („Danke für die Geduld – mein Kind geht vor und ich schäme mich nicht dafür!“) und zu mir selbst („Es ist okay, dass heute nicht alles nach Plan läuft – dafür aber der Fernseher!“) Wer das schafft – und ich weiß, dass dieser Prozess dauert – der wird auch in Stressituationen immer die Oberhand behalten. Außer der Brecheimer fehlt… dann wird´s wild.

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